Christiane Bredt (68) arbeitet ehrenamtlich für den Besuchsdienst unserer Kirchengemeinde.
Warum machst du ehrenamtlich beim Besuchsdienst mit?
Ich bin etwa seit zehn Jahren dabei. Als ich noch berufstätig war, habe ich weniger Besuche gemacht und jetzt etwas mehr. Damals bin ich gefragt worden, ob ich mitmachen möchte. Wir wohnen seit über 30 Jahren hier in der Gemeinde. Es gab einen Punkt, als die Kinder aus dem Haus waren, an dem ich mich ehrenamtlich engagieren wollte. Ich konnte mir gut vorstellen, mit Senioren in Kontakt zu treten und zuzuhören. Ich finde es spannend, neue Kontakte zu knüpfen, das ist auch eine Bereicherung für mich selbst.
Wie läuft so ein Besuch ab?
Ich besuche die Senioren an ihrem Geburtstag oder kurz danach. In der Regel werde ich freundlich empfangen. Die Länge des Besuches variiert. Mal gibt es nicht so viele Themen, da ist man dann nach einer Viertelstunde wieder draußen. Manchmal sind es aber auch längere Gespräche, besonders wenn die Senioren allein sind. Das kann dann bis zu einer Stunde dauern. Es werden Themen angesprochen wie das Leben im Alter, die Einsamkeit, Probleme und Missverständnisse mit Kindern und Enkeln, die Trauer um die verlorene Selbstständigkeit. Wir besprechen aber auch oft ganz fröhliche, alltägliche Erlebnisse.
An welches schöne Erlebnis erinnerst du dich gern?
Einmal habe ich eine alte Dame besucht, die trotz ihres Geburtstags sehr traurig war, weil Kinder und Enkel nicht gekommen waren. Sie schüttete mir ihr Herz aus und weinte dabei. Das rührte mich wirklich sehr. Gegen Ende des Besuches schellte es und die Tochter und der Schwiegersohn kamen mit einem großen Blumenstrauß. Es war wirklich eine Freude, das Strahlen in den Augen der alten Dame zu sehen. Das ging ans Herz.
Warum findest du diese Besuche wichtig?
Ich finde es wichtig, dass die Menschen besucht und von der Gemeinde gesehen werden. Wenn sie sehr alt sind, haben sie weniger Kontakte. Es ist Aufgabe der Gemeinde, Menschen wertzuschätzen und sich an sie zu erinnern. Im Grunde müssten die Besuche nicht nur zum Geburtstag, sondern regelmäßig stattfinden. Aber wir sind im Moment nur wenige Ehrenamtliche im Besuchsdienst. Wir könnten Unterstützung gut gebrauchen.
Hörst du viele Geschichten?
Ja, zum Beispiel Geschichten aus der Jugend und vom Krieg. Die Senioren sind froh, dass sie sie loswerden können, und freuen sich, wenn jemand nachfragt. In den Familien sind die Geschichten ja schon bekannt.
Was berührt dich besonders?
Es ist traurig, wenn Senioren sich einsam fühlen und auch mal weinen. Wenn sie nicht mehr in der Lage sind, nach draußen zu gehen, sitzen sie viel im Zimmer und dann fehlen Menschen zum Reden.
Bringst du bei den Besuchen auch etwas mit?
Wir alle bringen jeweils ein Geburtstagsheft mit Bildern und Texten mit und einen Blumengruß. Die Senioren freuen sich sehr darüber, weil man manchmal die einzige Gratulantin am Tag ist. Ich besorge die Blumen im Blumenladen. Ich bezahle sie selbst, aber das Geld kann man sich auch von der Gemeinde erstatten lassen.
Was bewirkt dieses Ehrenamt in dir persönlich?
Ich habe das Gefühl, ich tue etwas Sinnvolles. Es macht mir Spaß, mich mit anderen Menschen zu befassen und mich um sie zu kümmern. Die Themen sind ganz andere als die, die ich sonst habe. Ich habe den Eindruck, dass ich dadurch meinen Horizont erweitere und mich in anderen Situationen erlebe. Ich finde es auch wichtig, dass ich die Besuche nicht als Privatperson mache, sondern im Auftrag der Kirche, damit die Senioren merken, dass sie nicht abgeschrieben sind, sondern dass an sie gedacht wird und man sich um sie kümmert. Das bedeutet für mich Gemeinde. Manchmal sagen die Menschen auch, sie würden gern einmal mit der Pfarrerin sprechen. Die Bitte gebe ich selbstverständlich weiter.
Was würdest du Menschen sagen, die überlegen, ob sie beim Besuchsdienst mitmachen wollen?
Es ist eine bereichernde Arbeit. Der Kontakt mit den Senioren tut wirklich gut. Der Erfahrungsaustausch in unserer Gruppe hilft außerdem bei Fragen und Problemen. Wir treffen uns alle drei Monate. Das Schöne ist, dass man nicht sofort ganz viele Besuche machen muss. Man kann einfach zu uns kommen und ein, zwei Besuche machen und schauen, ob das etwas für einen ist. Man muss auf keinen Fall Sorgen haben, dass man vereinnahmt wird.
Wollen Sie auch ehrenamtlich im Besuchsdienst arbeiten?
Kontakt: Pfarrerin Dagmar Kunellis, Tel. 0157 88774151
Interview: Katrin Martens