Was ist fair? Handel und Einkauf mit sieben Siegeln

Die Eine-Welt-Gruppe der Johanneskirche hatte am 18. September zu einer Diskussionsveranstaltung zum Thema „Was ist fair? Handel und Einkauf mit sieben Siegeln“ geladen. Der Umsatz mit „fair gehandelten Produkten“ steigt Jahr für Jahr weiter an. Faire Produkte finden sich inzwischen in den Regalen aller Lebensmittelgeschäfte. Doch kann der „Faire Handel“ tatsächlich halten, was er verspricht? Im Rahmen des Abends fand auch eine Verköstigung mit fairen Produkten aus fünf verschiedenen Supermärkten im Essen statt.

Referent Jürgen Sokoll, Fachkoordinator für den Bereich Fairer Handel beim „Eine Welt Netz NRW“ (ein Netzwerk von entwicklungspolitischen Organisationen), startete mit einigen Zahlen: In Deutschland werden 13 Euro pro Kopf und Jahr für fair gehandelte Produkte ausgegeben (Quelle: Forum Fairer Handel). In Großbritannien sind es 33 Euro, in der Schweiz 57 Euro. „Der Anteil in Deutschland ist geringer, als er sein könnte“, so Jürgen Sokoll. „Großbritannien ist da sehr viel weiter als wir.“

Der Faire Handel unterstützt Kleinbauern in Entwicklungsländern, aber nicht direkt, sondern über Genossenschaften. Die Kleinbauern bekommen einen Mindestpreis (inkl. Abnahmegarantie) und eine Prämie. Diese 10 Prozent-FairTrade-Prämie landet im gemeinschaftlichen Topf der Genossenschaft. Sie entscheidet, was damit geschieht. Umweltschonender Anbau wird gefördert, auch wenn es nicht 100 Prozent „bio“ ist. Kinderarbeit ist verboten. Die Gepa, die in diesem Jahr 40 Jahre alt wurde, berät darüber hinaus auch bei der Umstellung auf Fair Trade oder bei ökonomischen Fragen. Außerdem leistet sie eine Menge Bildungsarbeit. Es gibt inzwischen über 350 Fair Trade Towns in Deutschland und beispielsweise auch die „Faire Woche“, in der genau der Vortragsabend von Jürgen Sokoll lag.

Der Faire Handel arbeitet auch mit Plantagenbesitzern zusammen, um dort die Arbeitsbedingungen zu verbessern (Beispiel Bananen).

TransFair in Köln ist für die Vermarktung zuständig.

Man müsse aber wissen, so Jürgen Sokoll, dass der Faire Handel nur die Rohstoffe betrifft. Der Zucker und der Kakao kann z.B. aus dem Fairen Handel kommen, doch der Keks wird in Deutschland produziert, verpackt und vermarktet. Dadurch gibt es unterschiedliche Preisspannen. Der Kleinbauern bekommt aber trotzdem den gleichen Mindestpreis, egal ob das Produkt in Deutschland billig oder teuer ist. Die Produzenten entscheiden mit über diesen Mindestpreis, der sich an den Lebenshaltungskosten in den einzelnen Ländern orientiert. Die Basis ist der Weltmarktpreis. Wenn dieser stark sinkt, sinkt der Mindestpreis für die den Genossenschaften angeschlossenen Bauern nicht so stark.

Die Gepa war ein Kritiker der Entwicklung, dass der Faire Handel den Weg in die Discounter gesucht hat. Laut Gepa sei dort der Standard zu niedrig, es werde nicht in Bildungsprojekte investiert, außerdem haben die Discounter keinen direkten Kontakt zu den Produzenten wie die Gepa. Jürgen Sokoll: „Die Gepa kümmert sich auch darum, wie man neue Produzenten gewinnt, und vergibt Kleinkredite an Bauern. Aldi und Lidl profitieren letztlich von 40 Jahren Vorarbeit.“

Es kam die Diskussion auf, ob wir dafür werben sollten, faire Waren bei den Discountern zu kaufen. Dafür spricht, dass sich viele Menschen die Gepa-Produkte nicht leisten können (Eine Flasche Wein kostet beispielsweise über 7 Euro). Bei den Discountern haben sie die Möglichkeit, dennoch fair gehandelte Waren zu kaufen.

Jürgen Sokoll erläuterte auch das Wort „Mengenausgleich“ auf den Verpackungen. Es gibt ihn bei Rohrzucker, Kakao, Tee und Orangensaft und zwar dann, wenn bei der Verarbeitung keine Trennung zwischen fairen und nicht fairen Rohwaren möglich ist. Mindestens 20 Prozent der Rohwaren müssen aber fair gehandelt sein, erst dann gibt es das FairTrade-Siegel. Die Gepa nutzt den Mengenausgleich nicht: Mehr Infos: http://www.gepa.de/service/faq/frage//show/1-was-heisst-eigentlich-mengenausgleich.html

Bei Kakao, Zucker und Baumwolle ist die Nachfrage nach fair gehandelten Waren zu gering, daher gibt es beispielsweise ein neues FairTrade-Programm, in dem nur der Kakao FairTrade ist. Das Ziel sei, größere Mengen Kakao auf den Markt zu bekommen, und das klappe auch, so Jürgen Sokoll. Ein Abnehmer ist z.B. die Firma Mars.

Zum Schluss verriet Jürgen Sokoll noch

… dass C&A der größte Biobaumwolle-Importeur in Europa ist, aber das Siegel nicht nutzt.

… dass die espressobasierten Getränke bei Tchibo und Starbucks Fairtrade sind.

… dass es zu teuer für das FairTrade-System ist, Werbung für die Produkte zu machen.

… dass sich das FairTrade-System beständig weiterentwickelt. Gerade wird z.B. ein Standard für die Lieferkette Baumwolle entwickelt (nähen, färben …).

Bei der anschließenden Verköstigung wurden Produkte von Kaiser’s, Rewe, Lidl, Aldi und Netto vorgestellt. Kaiser’s verkauft Gepa-Produkte und hat die Marke Naturkind mit TransFair-Kaffee. Rewe hat die Marke Rewe Bio mit z.B. Plätzchen, Tee, Schokolade und Nuss-Nougat-Creme. Lidl hat die Eigenmarke „Fairglobe“ eingeführt und verkauft u.a. Schokolade, Tee, Plätzchen und Kaffee. Aldi hat die Eigenmarke „Fair“ eingeführt und hat u.a. Tee, Kakao, Honig und Saft im Angebot. Bei Netto, die auch für die „Faire Woche“ geworben hatten, fand sich am Einkaufstag der einzige fair gehandelte Wein, neben Rohrzucker und Nuss-Nougat-Creme.

Insgesamt ein sehr informativer und gleichzeitig leckerer Abend!

Katrin Martens