Andacht zur Adventszeit

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Andacht zur Adventszeit

Es ist ein Ros entsprungen – Gott sei Dank! 

Advent und Weihnachten – das ist für mich die Zeit der Lieder. Denn wenig versetzt mich so sehr in Festlaune wie die alten Choräle und Melodien, die ab Ende November endlich wieder zu hören sind. Schon seit ich ein Kind war, geht mir das so. Wobei ich gestehen muss, dass die Weihnachtszeit für mich auch immer die Zeit der verwirrenden Liedtexte war. Wer bitte ist denn die „Tochter Zion“? Und warum fährt im Advent ein „Schiff geladen bis an sein‘ höchsten Bord“ herum? 

Mein Lieblingsbeispiel hierzu: Das Lied Es ist ein Ros entsprungen. Die erste Strophe dieses Liedes lautet bekanntlich:  

„Es ist ein Ros entsprungen aus einer Wurzel zart, 
wie uns die Alten sungen, von Jesse kam die Art, 
und hat ein Blümlein bracht,  
mitten im kalten Winter wohl zu der halben Nacht“ (EG 30,1). 

Als Kind – hätte man mich gefragt – hätte ich keine der Textzeilen erklären können. Und vielleicht haben Sie sich auch schon mal gefragt, was das eigentlich alles mit dieser Rose und dem Blümlein soll. Das Lied bezieht sich hier auf eine Christrose, also auf jene eigenartige Pflanze, die so völlig aus dem Takt der Jahreszeiten zu fallen scheint. Ausgerechnet in der kalten Jahreszeit, also genau da, wo im Garten sonst gar nichts treibt und wächst; „mitten im kalten Winter“ streckt diese Blume ihre weißen Blütenkopf aus der Erde. Ich finde das mutig von der Christrose. Denn in einer lebensfeindlichen Umwelt, zwischen totem Laub und manchmal sogar durch Schnee hindurch, setzt diese Rose ein Zeichen des Lebens. Da, wo sonst nichts zu hoffen ist, blüht sie auf „wohl zu der halben Nacht“, das heißt in der dunkelsten Zeit. Es ist also das Überraschende und Mutige an Weihnachten, das wir mit dieser Rose besingen. 

Wer diese Rose sein soll, wird in der ersten Strophe unseres Weihnachtsliedes nur an einer Stelle deutlich; nämlich durch den Namen „Jesse“. Bibelkundige Menschen fühlen sich hier nämlich an den Vater von König David erinnert, dessen hebräischer Name heute im Deutschen oft als ‚Isai‘ wiedergegeben wird (1Sam 16,1). Mit diesem ‚Isai‘ oder ‚Jesse‘ ist also die königliche Linie des alten Israel gemeint, aus der – so sagten es die alten Prophezeiungen – der Messias stammen sollte. Ich finde es schön, dass wir dieses alte Lied auch 2025 noch singen, weil es uns genau daran erinnert: In Jesus ist uns der versprochene Heiland geboren. Wie die Christrose so ist Gott selbst in seinem Sohn Jesus Christus unerwartet in unserer kalten Welt erschienen. „Wie uns die Alten sungen“ ist aus der „zarten Wurzel“ Israels einer gekommen, der neues Leben in diese Welt bringt. Gott taucht da auf, wo keiner mit ihm rechnet. Er kommt nicht gewaltig und mit großem Getöse. Sondern er erscheint als Kind, schutzlos und bedroht. Mitten im kalten Winter“ blüht er auf. 

Ich kann mir gut vorstellen, dass Sie in den kommenden Wochen und Monaten einmal über eine Christrose stolpern werden. Und mich zumindest würde es freuen, wenn Sie das dann an etwas erinnert: An unverständlich-schöne Weihnachtslieder natürlich, aber vor allem auch an dieses kleine große Wunder in der Krippe. Denn in diesem Jesus bringt Gott durch alle Kälte unserer Welt hindurch neues Leben zum Blühen. Oder wie es die Alten gesungen haben: „Es ist ein Ros entsprungen“ – Gott sei Dank! 

Eine frohe Advents- und Weihnachtszeit wünscht Ihnen 

Ihr Pfarrer Christian Koch 

(Pfarrer in der Ev. Kirchengemeinde Kupferdreh) 

 

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