Unsere Geschichte
Bergerhausen war lange Zeit ein Gemeindeteil der evangelischen Kirchengemeinde Essen-Rellinghausen. Im Jahr 1928 bekam die Gemeinde eine zweite Pfarrstelle und damit Bergerhausen einen eigenen Pfarrer. Friedrich Renckhoff war der erste Amtsinhaber. Er war bis zu seiner Pensionierung am 1. Oktober 1956 tätig. 1929/30 errichtete das Presbyterium auf einem von der Gutehoffnungshütte eingetauschten Grundstück an der Weserstraße einen Gemeindesaal (Weserstraße 36) und ein Pfarrhaus (Weserstraße 34) (Foto). Am 15. Juni 1930 wurde in der Weserstraße der große Gemeindesaal mit Unterrichtsraum und Kellerräumen als erster Bauabschnitt eines großen Gemeindehauses eingeweiht. Dieser Gemeindesaal, der nach den Entwürfen des Chefarchitekten der Gutehoffnungshütte gebaut worden war, diente als Kirchraum. Bis dahin wurden gelegentlich Gottesdienste in einem Klassenraum in der Werraschule gehalten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem auch Pfarrer Renckhoff zum Wehrdienst eingezogen worden war und anschließend einige Jahre in russischer Kriegsgefangenschaft verbrachte, wuchs die Zahl der Gemeindeglieder schnell. Das machte die Errichtung neuer Pfarrstellen in der Gemeinde Essen-Rellinghausen und den Bau einer Kirche in Bergerhausen notwendig. Der Grundstein wurde am 3. Juli 1954 gelegt. Sie bekam den Namen Johanneskirche (Foto). Architekt war Ernst-Erik Pfannschmidt. Die Johanneskirche wurde am 19. Juni 1955 eingeweiht. Die Predigt im Einweihungsgottesdienst hielt der Rellinghauser Pfarrer und spätere Generalsuperintendent Immanuel Pack. Im Jahre 1957 hatte Rellinghausen beinahe 16.000 Gemeindeglieder.
Im Jahre 1960 trennte sich die evangelische Gemeinde Rellinghausen von dem Teil Bergerhausen, der durch die intensive Kohleförderung auf der Zeche Ludwig (und anderen) auf 8.100 Gemeindeglieder angewachsen war. Es entstand die evangelische Kirchengemeinde Essen-Bergerhausen, die drei Pfarrstellen hatte.
Die Pfarrstelle Billebrinkhöhe war nur zur Hälfte für den Dienst in der Gemeinde bestimmt. Die andere Hälfte des Dienstumfanges war für die Betreuung von den Vikaren des Predigerseminares bestimmt. Entsprechend groß und schön wurde das Gemeindezentrum Billebrinkhöhe gebaut. Gelegentliche Gottesdienste auf der „Bille“ hatte man bis dahin im Knappschaftskrankenhaus gefeiert.
Der Nachfolger von Pfarrer Friedrich Renckhoff (Foto) wurde Pfarrer Heinz Rolffs, der als Initiator der Kontakte zu den Partnergemeinden in der DDR manchen noch in Erinnerung ist. Sein Nachfolger war Pfarrer Rolf Busse, der einen Frauenabendkreis für berufstätige (!) Frauen gründete. Er verließ die Gemeinde nach drei Jahren wieder. Sein Nachfolger wurde 1976 Pfarrer Manfred Steckel, der sich viele Jahre für ein Kinderhilfsprojekt in Sao Paulo einsetzte.
Die Pfarrstelle auf der Billebrinkhöhe wurde zuerst von Pfarrer Dr. Reinhard Köster wahrgenommen. Die Pfarrstellenkombination (halb gemeindlich – halb landeskirchlich) wurde nach etwa zehn Jahren als unpraktikabel aufgelöst. Pfarrer Dr. Köster verließ die Gemeinde, blieb aber weiter für das Predigerseminar zuständig. Sein Nachfolger wurde Pfarrer Ludwig Göpelt. Dienste am Knappschaftskrankenhaus wurden der Pfarrstelle zugeordnet, um eine ganze Pfarrstelle weiter rechtfertigen zu können. Sein Nachfolger wurde Pfarrer Dieter Schermeier (1984), den viele noch kennen wegen seiner Friedensarbeit. Seit 2000 ist die Pfarrstelle stillgelegt.
In das Pfarrhaus Weserstraße 32 zog 1954 Pfarrer Siegfried Windisch ein, der nach etwa zehn Jahren in den Missionsdienst in Afrika ging. Sein Nachfolger wurde Pfarrer Robert Borghardt, der mit der Arbeit in Hauskreisen begann (Literaturkreis). Dazu wurde eine Wand im Pfarrhaus durchbrochen. Erst nach 1975 wurden in den Gemeindegebäuden Räume für abendliche Gesprächskreise eingerichtet. 1975 wechselte Pfarrer Borghardt in den Schuldienst in Baden-Württemberg, aus dem Pastor Jan Peter Saß als Hilfsprediger von der Landeskirche nach Bergerhausen geschickt wurde. Dort waren mittlerweile zwei Pfarrstellen vakant. Das Presbyterium wählte Jan Peter Saß im Jahr 1975 und Manfred Steckel im Jahr 1976 zum Pfarrer.
Jan Peter Saß oblag es, für die zu große, baufällige und funktionsschwache Johanneskirche („ein Monster“) einen modernen, wirtschaftlichen und sakralen Ersatz herbeizuführen. Die alte Kirche wurde teilweise abgerissen.
Nach Plänen und Ideen von Wolfgang Müller-Zantop, der Architektensozietät Budde- Gutsmann-Jung und Professor F. Strüwe konnte die neue Johanneskirche gebaut und am 29. September 1985 eingeweiht werden (Foto). Die Außenanlagen und das Untergeschoss waren drei Jahre später fertig. Die gute Schuke-Orgel und das Altarkreuz von Professor Kraatz folgten. Die große Abendmahlstür ist von Professor Klaus Zimmermann. Sie konnte in die neue Kirche übernommen werden. Für die Spur von Natursteinen im Mittelgang, die zum Altar leitet, hat Professor Strüwe einen internationalen Preis gewonnen. Alles zusammen ist bemerkenswert gelungen.
Im Jahr 2006 wurde Pfarrer Manfred Steckel und im Jahr 2008 Pfarrer Jan Peter Saß in den Ruhestand versetzt. Nachfolgerin von Manfred Steckel wurde Pfarrerin Heidrun Viehweg. Auf Jan Peter Saß folgte Pfarrer Wolfgang Blöcker, der die Gemeinde nach elf Jahren im Sommer 2019 verließ. Seine Nachfolgerin ist Pfarrerin Julia Olmesdahl.
Die Geschichte der Kirche auf der Billebrinkhöhe
Verhandlungen zum Erwerb des Grundstücks „Am Lönsberg/Billebrinkhöhe“ wurden schon vorausschauend 1951 durch die damals noch zuständige Kirchengemeinde Rellinghausen mit dem Freiherrn Friedrich August Max von Vittinghoff zu Colbeck bei Goch geführt. Der Kaufabschluss war am 27. Mai 1957. Die Kirchengemeinde Rellinghausen hatte das Ziel, hier den 6. Gemeindebezirk „Billebrinkhöhe“ zu gründen. Das wurde am 19. Januar 1959 beschlossen und galt offiziell ab dem 1. April 1960. Das an der Bergerhauser Straße in Planung befindliche Predigerseminar war für den Kaufbeschluss ausschlaggebend. Nach der Abtrennung Bergerhausens als eigenständige Johanneskirchengemeinde wurde aus dem ehemals 6. Bezirk ihr 3. Bezirk Billebrinkhöhe.
Wegen der ungünstigen Randlage des Bezirks, der großen Entfernung zur „Mutterkirche“ sowie schlechter Wegeverhältnisse lud Hans Jung, ein sehr engagierter Christ und Presbyter, zu gottesdienstlichen Versammlungen im Wohnzimmer der Familie ein. Dort kamen alle Merkmale der späteren „Billebrinkhöhe“ schon vor:
1. Bibel und Glauben
2. Eigeninitiative und Aktion
3. Bezug zur „Welt“ (Nias – Indonesien)
und bei allen die Überzeugung, dass das christliche Leben eine „vita experimentalis“ ist:
Frauen sammelten Geld. Es gab Zuschüsse. Der Kirchbau entstand (Zum Anteil von Dr. Reinhard Köster lesen Sie bitte den Artikel von Philipp Neßling unter „Kirchen“). Hier zeigte sich, dass Gewesenes lebendige, geistliche und gegenwärtig bleibende Geschichte sein kann.
Im Jahr 1965 wurde die Kirche auf der Billebrinkhöhe eingeweiht. Sie sollte u.a. ein Experimentierfeld für die Vikare im Essener Predigerseminar sein, wo Pfarrer Dr. Reinhard Köster (Foto) als Dozent wirkte. Was waren die gemeindlichen Besonderheiten dieser Zeit und Kösters Schwerpunkte? Eine außerordentlich ökumenische Zusammenarbeit mit Pfarrer Dr. Heyer von der Pax-Christi-Kirche mit ökumenischem Religionsunterricht in den ersten zwei Schuljahren der Lönsbergschule, gemeinsamen Bußfeiern und Friedensaktivitäten: „Wenn du den Frieden willst, widerstehe den Kriegsvorbereitungen.“ (Foto) In der Gemeindepädagogik gab es das Bestreben, den Gottesdienst „vernünftig“ und durchschaubar zu machen. In der Jugendarbeit sind zwei herausragende Gemeindeabende zu den Themen „Brot für die Welt“ und „Frieden, das heißt Liebe politisch“ zu nennen.
Als junge Gemeindehelferin lernte Ingeborg Müller (Foto), ab 1969 Ingeborg Schlottmann, viel von Dr. Reinhard Köster. Nach seinem Weggang war sie zwei Jahre allein verantwortlich: Kirchlicher Unterricht (u.a. Vorstellungsgottesdienst zum Thema „Jesus-People“), monatlicher Besuchsdienst mit der Jugendgruppe im Gefängnis Siegburg. In ihrem Bastelkreis entstand unsere schöne textile Weihnachtskrippe. Sie ist bis heute begleitende und mitgestaltende Zeugin für alle Billebrinkhöher Ereignisse, mit dem Schwerpunkt Frauenarbeit.
Ab April 1971 betreute Pfarrer Ludwig Göpelt den verkleinerten 3. Bezirk und war gleichzeitig Seelsorger am Knappschaftskrankenhaus. Seine besondere Nähe zum Judentum zeigte sich in der teilweisen Übernahme jüdischer Gebräuche und Feste. Frau Göpelt gestaltete als Gesangssolistin die Gottesdienste mit. Nach dem Ausscheiden von Pfarrer Ludwig Göpelt im Jahr 1984 drohte die Schließung der Kirche.
Küsterin Lieselotte Kraushaar, die von Anfang an dabei war, sorgte für Kontinuität, leitete Bastel- und Kindergruppen und stand zum Willkommen für alle an der Kirchentür. Ihr ist es zu verdanken, dass Jutta Maat ihr Betätigungsfeld auf der Billebrinkhöhe gewählt hat. Ihre Aktivität und Kreativität kennt schier keine Grenzen. Sie gründete einen Aktivitäten-Kreis, zwei Theatergruppen, von denen eine noch immer besteht (TaB), und organisierte Nachmittage für Alte, Eltern, Jugendliche, eine Teestube, Filmnachmittage, einen Zirkus, eine Disko sowie Straßenfeste. Der Erfolg: Die Kirche wurde tatsächlich nicht geschlossen. Später spielte Frau Maat Schattentheater, gründete die „Aktive Spätlese“, betreute den Senioren-Mittagstisch und organisierte die monatlichen Mittwoch-Nachmittags-Konzerte.
Pfarrer Dieter Schermeier (1984-2000) konnte sich auf den Förderverein und viele aktive Menschen und Gruppen stützen. Gemeinsam geschah eine Ausrichtung auf die Jung`schen Kennzeichen:
- Bibel und Glaube: Bibelwochen, Bibel- und Thementage unter Beteiligung aller Gemeindegruppen, Predigtreihen, Agapefeiern, Mirjam-Gottesdienste, Lesungen, biblische Theaterprojekte mit Erwachsenen und Konfirmanden (Werkheft „Konfirmandentheater im Gottesdienst“).
- Aktion: Thematische Feste, Kindertheater, Erstellen des „Roten Platzes“, darauf im Sommer Montagscafé, Jubiläen, Planungstreff, Partnerschaftstreffen, Kirchentagscafé, Open-Air-Gottesdienste
- Bezug zur Welt: Billebrinkhöher Nachtgebete, Partnergemeinde Criewen (Oderbruch), Basis-Bewegung Holland, Eine-Welt-Laden / Fian (Link zu „eine Welt-Laden )/ russische Partnerstadt Nishnij Nowgorod, gemeinsame deutsch-afrikanische Gottesdienste mit der „International Gospel Church“ aus Ghana. Zur indonesischen Insel Nias unterhielt Hans Jung (s.o.) eine persönliche und aktive Partnerschaft und baute dort u.a. eine Kirche und eine Brücke. Darum wird mehrere Jahre lang die Partnerschaft zu Nias in Besuch und Gegenbesuch auch in Erinnerung an diesen einsatzbereiten und überzeugten Christen gepflegt.
Aus den ehemaligen Friedensgottesdiensten entstanden die „Billebrinkhöher Nachtgebete“, die von Menschen aus der gesamten Stadt und Umgebung besucht werden. Sie haben nicht nur politische Inhalte (Ignaz Bubis, Helmut Simon, Dorothee Sölle). Bei theologisch-künstlerischen Nachtgebeten lesen und spielen Schauspieler der Essener Bühnen Bibeltexte (Deuterojesaja, Markus-Evangelium), und es werden Konzerte mit theologischer Thematik aufgeführt.
Bei den Jubiläumsfestlichkeiten (1990: 25 Jahre, 2005: 40 Jahre) waren immer Besucher aus der Partnergemeinde Criewen dabei – bei beiden Anlässen mit einem Schwein aus dem Stall von Pfarrer Ehrlich, das auf dem Roten Platz zu herrlichen Leckereien verarbeitet wurde. Im Jahr 2005 fand eine große Ausstellung zum Jubiläum „40 Jahre Billebrinkhöhe“ in der Kirche statt.
Pfarrer Philipp Neßling, zuständig für die Arbeit mit Mitmenschen mit Behinderungen, nimmt die Einladung der Gemeinde an und beheimatet darum einen großen Teil der integrativen Arbeit aus dem gesamten Stadtgebiet in der Kirche auf der Billebrinkhöhe. Integrativer Konfirmandenunterricht und Konfirmation, integrative Gottesdienste finden statt. Viele Gruppen aus diesem Bereich beleben das Gemeindezentrum (Foto) z.B. die Integrative Körperarbeit. Nach dem Freiwerden des Pfarrhauses entsteht dort im Rahmen des Integrationsmodells (IM) eine Wohngemeinschaft. Eine bunte Bank in der Kirche erinnert an das landeskirchenweite Integrationsprojekt „Bunte Stühle“. Im Jahr 2013 entsteht unter der Leitung von Magdalene Merkel das integrative Theaterstück herzLAUschen.
Nach der Pensionierung von Dieter Schermeier übernahm Pfarrer Manfred Steckel treuhänderisch den Bezirk. Viele der bisherigen Aktivitäten gingen weiter: Kindertheater, Chor- und Gemeindefahrten, Mirjam-Gottesdienste, Konzerte, Ausstellungen. Neues kam hinzu: „Einspruchs“-Gottesdienste, Studienhaus Neues Testament mit Pfarrer Dr. Eberhard Kerlen.
Ein Großereignis fand im Jahr 2004 statt: „Frauen gestalten Frauengestalten.“ Die ausgestellten lebensgroßen Frauenfiguren forderten heraus zu Biografien, Gottesdiensten, Vorträgen, Führungen, Kindernachmittagen, einem Theaterstück über Klara von Assisi, einem Konzert: Insgesamt 16 Veranstaltungen in 14 Tagen, mit BesucherInnen aus dem weiten Umkreis!
Leider mussten die drei Gemeindebezirke wegen der stetig sinkenden Gemeindegliederzahlen auf zwei reduziert werden. Für den Bereich Billebrinkhöhe ist seit 2006 Pfarrerin Heidrun Viehweg Nachfolgerin von Pfarrer Steckel. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind die Gottesdienste, die Kinder- und Konfirmandenarbeit. Ihre Jugendgottesdienste mit dem Team „talk about“ finden auf der Billebrinkhöhe statt und finden großen Anklang. Ihre Vielseitigkeit findet auch Ausdruck im Puppenspiel, im Balladentheater und in musikalischen Abenden. Mit ihren Tauf- und Konfirmationsfeiern trägt sie wesentlich zur äußeren und inneren lebendigen Einheit der räumlich leider getrennten Bezirke der Gemeinde bei.
Die Kirchengemeinde trennte sich im Jahr 2019 von der Kirche Billebrinkhöhe, die entwidmet wurde, und übergab sie dem Integrationsmodell Essen (IM) für das Forum Billebrinkhöhe, einem inklusiven Kulturzentrum. Die Gottesdienststätte bleibt der Gemeinde erhalten.