Vierzig Jahre neue Johanneskirche

Vierzig Jahre neue Johanneskirche

Vierzig Jahre neue Johanneskirche

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Vierzig Jahre neue Johanneskirche

Evangelische Johanneskirche Essen-Bergerhausen

Unsere Johanneskirche in Bergerhausen wird 40! Sie ist am 29. September 1985 eingeweiht worden.

Dazu ein kurzer Rückblick: Bergerhausen war lange Zeit ein Teil der evangelischen Gemeinde Rellinghausen. 1928 bekam Bergerhausen zum ersten Mal einen eigenen Pfarrer. Der Gottesdienst fand im damaligen Gemeindesaal in der Weserstraße statt. Dann bewirkte der schnelle Bevölkerungszuwachs z.B. durch die Kohleförderung auf der Zeche Ludwig, 1955 den Bau einer großen, neuen Kirche, von Ernst-Erik Pfannschmidt entworfen.  

1960 wurde Bergerhausen eine eigene evangelische Gemeinde. Jedoch war die große Kirche bald baufällig: Der Stahlbetonbau aus einem Guss ohne Dehn- oder Setzfugen ließ das Glas der Fensterscheiben splittern. Die Gesamtanlage mit der riesigen Treppe wirkte erhebend, war aber nur schwierig zu besteigen und schon gar nicht barrierefrei. So war früh klar, dass ein Umbau bzw. ein Neubau nötig würde.

Architektur der neuen Johanneskirche

Für den Baukörper hat Wolfgang  Müller-Zantop die Idee der Reihe von vier Zelten unterschiedlicher Firsthöhe entwickelt mit innen offener und sichtbarer Konstruktion.

Die große Tür „Abendmahl“ von Bildhauer K. Zimmermann wurde als Eingangstür aus der ‚alten‘ Kirche erhalten und mit eingebaut.

Das Architektenbüro Budde-Gutsmann-Jung übernahm die Ausführung und die Gestaltung der Innenstrukturen, die Bauleitung lag beim Architekten Pabst.

Professor Friedhelm Strüwe, Innenarchitekt und Designer, hat den Innenraum prägende Ideen wie die Steinspur, die Glasfenster und Prinzipalstücke (Altar, Kanzel, Taufbecken) entwickelt.

Das Altarkreuz stammt von Professor Max Kratz Die Orgel, gebaut von der Firma Karl Schuke, Berlin, wurde 3 Jahre später fertig gestellt, mit 24 Registern.

Weitreichender Umbau unter Pfarrer Jan Peter Saß

1975 wurde Jan Peter Saß Pfarrer in der 1. Pfarrstelle Bergerhausen. Der Neubau wurde seine Aufgabe und er hatte klare Vorstellungen dazu: Es sollte eine moderne, wirtschaftliche und sakrale neue Kirche werden. Entsprechend wurde 1984 der obere Teil der Kirche abgetragen und die Johanneskirche nahm ihre heutige Gestalt an: Sie sticht als moderne Kirche heraus. 

Einerseits zeigt die Kirche typische Merkmale moderner Architektur wie klare Linien, Funktionalität, Offenheit und Transparenz. Sie ist flexibel nutzbar und ließ sich über die letzten 40 Jahre für sich weiter entwickelnde Bedürfnisse anpassen. Andererseits ist sie für Menschen geschaffen, nahbar, gemütlich und schafft durch Licht und Farben, Bestuhlung und Anordnung einen Ort von Spiritualität und Wohlfühlen. So lädt sie ein zu vielfältigen Gottesdienstformate, Musik, Begegnung und gemeinsamem Erleben. 

Der untere Teil blieb erhalten und wurde 1988 erneuert. Ebenfalls 1988 wurde die neue Kirche in eine neue Gesamtanlage eingebettet. Kirchbau und Turm (Modell Venedig) sind nach dem Umbau durch einen großen und einen kleinen Platz miteinander verbunden und voneinander getrennt. Die Kirche und die Plätze sind von allen Seiten zugänglich und vielfältig nutzbar.

Das Erlebnis Johanneskirche

Unsere Johanneskirche ist Gottes Gasthaus. Alle Menschen können im Lebensraum Kirche Gemeinschaft erfahren, die durch Gottes Geist gestiftet ist. Dabei ist die Johanneskirche beides: einerseits ein Ort für Verkündigung in Gottesdiensten vielfältigster Form und Musik, andererseits ein Platz für das Gemeindeleben, für Austausch und gemeinsame Erlebnisse.

Schon auf dem Weg kommt man von allen Seiten über Treppen auf die Johanneskirche zu. Jeder, der ankommt, kommt gleich in Kontakt mit den anderen Ankommenden. Die Plätze, der große und der kleine, sind für gemeinsame Aktivitäten und Feste besonders geeignet. Die unterschiedlichen Wege vereinen sich auf den letzten Stufen. Unter einem schützenden Vordach gelangt man zur Eingangstür der Kirche, einem beeindruckenden Portal. Über dem Portal weist das eindrückliche Glasfenster auf die Schöpfungsgeschichte hin.

Der Eingangsbereich schafft einen lockeren Rahmen zur Begrüßung. Die Glastüren sind einladend, sie ermöglichen schon den Blick in den Innenraum mit der großartigen Spur. Auch nach dem Gottesdienst/der musikalischen Feier bietet der Bereich Raum für Austausch. Ein Platz an der Kaffeetheke sowie die Steh- und Sitzgruppen laden ein zu Gesprächen, zum gemeinsamen Trinken und Essen.


Die Steinspur führt uns durch die ganze Kirche bis zum Altar. Die Natursteine zeigen die Schönheit der Schöpfung zum Lobe Gottes. Hier wird die biblische Darstellung fortgesetzt: Die Spur führt über Steine aus unterschiedlichsten Orten christlicher Geschichten hinweg und endet mit Steinen von Orten aus Jesu Lebensweg vor dem Altar, dem gemeinsamen Abendmahlstisch mit dem Kreuz darauf.

In ihrem Grundaufbau ist der Kirchraum auf ein vielfältiges Erleben der christlichen Botschaft angelegt. Kanzel und Orgelbank sind auf gleicher Höhe symmetrisch links und rechts angeordnet, sie stehen für verschiedene Kommunikationskanäle der Verkündigung, für unterschiedliche gleichberechtigte Zugänge zur frohen Botschaft. Zusammen mit dem Altar bilden Kanzel und Orgelbank ein Dreieck wie das Dach.

In der Johanneskirche ist jeder willkommen, das Erleben mitzugestalten. Der offene Altarraum bietet Platz für alle Mitwirkenden – Pfarrer:in, Organist:in, Chor, Musikguppen, Lektoren, Presbyter, mitwirkende Gemeindeglieder – ob groß oder klein; jeder Beitrag soll gesehen werden und Anerkennung finden. Um das zu ermöglichen, musste die Orgel unbedingt vorne sein. Der musikalische und visuelle Kontakt der Orgel zur Gemeinde und die zentrale Rolle aller Mitwirkenden waren Pfarrer Saß besonders wichtig.

Die Kirche ist von Licht durchflutet und durch ihre Offenheit in das Leben im Stadtteil sowie in die Tages- und Jahreszeiten eingebunden. Man sieht nach draußen in die Welt, und kann von außen in die Kirche sehen. So sind Weltoffenheit und Geborgenheit vereint. 

Zentral über der Orgel wandert der Blick zum großen Glasfenster mit der strahlenden Sonne als Blickfang voller warmer Farben, insbesondere dann, wenn das Fenster von der Sonne beschienen wird. Es bietet Assoziationen zur Erlösung, zur Auferstehung oder zum Reich Gottes. Die Seitenfenster lassen den Kirchraum nach vorne heller werden. Der Blick ist offen nach außen und von außen nach innen. Die Fenster nehmen die Sonnenstrahlen des großen Glasfensters auf, in drei Farben: Rot für die Liebe, Blau für Glauben und Treue und Grün für Hoffnung und Leben.

Die Bestuhlung ist halbrund um Altar, Kanzel und Orgel angeordnet - man sieht sich und fühlt sich auch bei kleiner Besetzung der Kirche nicht allein. Die Stuhlreihen lassen sich auseinandernehmen und umbauen und geben damit Raum für unterschiedliche Gottesdienste und andere Formate.

Die neue Konzeption der Johanneskirche betont die Gemeinschaft der Anwesenden und der Gemeinde. Verkündigung hat immer die Menschen im Blick, es ist das Gasthaus Gottes, in dem man sich zuhause fühlen kann. Der Raum der Kirche hat eine Ausstrahlung von eindringlicher Wirkung: Man wird eingeladen und tritt gerne ein, darin wird „Kirche“ lebendig. Insgesamt eröffnet die Johanneskirche bis heute einen Ort, an dem Gottes Botschaft mit allen Sinnen erlebt werden kann. Viele Menschen haben zum Gelingen dieses Projektes beigetragen und bis heute macht die engagierte Gemeinde zusammen mit den Pfarrerinnen und Pfarrern und den vielen Ehrenamtlichen (eine Besonderheit dieser Gemeinde) die Johanneskirche zu einer vielfältigen, offenen und lebendigen Gemeinschaft.

Prägende architektonische Elemente der Johanneskirche

Die 4 Zelte: der Kirchbau besteht aus einer Reihe von 4 Zelten mit unterschiedlicher Firsthöhe. Das Eingangszelt verbindet den Vorplatz mit der Kirche – dient vor den Türen als Regenschutz und innen als trockener, geschützter Windfang. Das zweite Zelt ist mit Kaffeetheke, Sitz- und Stehgruppen und Kinderecke der Kommunikationsbereich. Das dritte Zelt erhebt sich über dem Kirchsaal und lässt aus allen Richtungen Licht einfallen. Durch die offenen Dachstühle wird hier die Struktur des Zeltes am stärksten erlebbar. Als viertes Zelt liegt der Sakristeiteil hinter Altar und Orgel. Die Idee der 4 Zelte geht auf W. Müller-Zantop zurück.

Die Abendmahlstür: Die große Eingangstür zeigt das letzte Abendmahl, Jesus am Tisch mit seinen 12 Jüngern. An der Stirnseite des langen Tischs sitzt Jesus, blickt den Gottesdienstbesuchern entgegen und lädt sie ein. Der Türflügel mit Judas und seinem Geldbeutel kann beim Zugang zur Seite geklappt werden. So entsteht Platz am Tisch für alle, die kommen. Der Türgriff ist ein Fisch, das Zeichen der frühchristlichen Gemeinden. Die Schattenreliefarbeit aus Bronze, von Klaus Zimmermann, zeigt die künstlerische Nähe zu Barlach (beide Kunsthochschule Düsseldorf).

Die Steinspur – Eine Spur aus Stein durch die Schönheit der Schöpfung: Die Steinspur führt vom Eingang zum Altar und gewährt einen Blick in die Vielfalt der Schöpfung, über unterschiedlichste Farben, Steinstrukturen und Entstehungsgeschichten hinweg. Die 145 Steine kommen aus aller Welt (aus 39 verschiedenen Ländern) und von unterschiedlichsten Orten: dabei sind biblische Orte wie z.B. der Berg Ararat – Noah oder Orte von Paulus Reisen genauso vertreten wie profane Orte mit teils farbenprächtigen Steinen oder aus dem ‚Umfeld‘ unserer Gemeinde, z.B. aus einer Ruhrgebietszeche, 1240m tief. Die Spur endet mit Steinen vieler Orte aus Jesu Lebensweg von Bethlehem bis Jerusalem direkt vor dem Altar. Dieses Werk von Prof. Friedhelm Strüwe wurde 1989 mit dem Deutschen Natursteinpreis geehrt. Eine genaue Kennzeichnung der Steine findet sich im Vorraum.

Die Prinzipalstücke – Altar, Taufstein, Kanzel: Alle drei Prinzipalstücke – und mit ihnen zentrale Elemente des Glaubens (Abendmahl, Taufe, Verkündigung) – werden getragen von Ruhrsandstein. Sie sind fest geerdet im Ruhrgebiet. Altarplatte und Kanzel sind aus Eichenholz gestaltet. Der Taufstein ist ein Granitblock aus dem Sinai – der ursprünglich vorgesehene Jordansandstein (passend zu Jesu Taufe) erwies sich als zu porös. Das Relief des Taufsteins passt aber wiederum zur Landschaft im Jordantal.

Die großen bunten Glasfenster: Das große Glasfenster über der Eingangstür erinnert an die Schöpfungsgeschichte. Aus dem Chaos von wild wogenden Wellen und graubraunen Felsen am unteren Rand entwickeln sich nach oben hin aufsteigend Sonne und Licht, Natur, Landschaft und Farbenpracht der Schöpfung. Im großen Glasfenster über der Orgel sendet die Sonne des Reiches Gottes ihre Strahlen aus, als warmes Sinnbild für Erlösung oder Auferstehung. An sonnigen Tagen strahlt das Bild in voller Farbenpracht. So bilden beide Glasfenster einen biblischen Rahmen um die Kirche – vom Anfang der Welt zu Gottes Ewigkeit. Geschaffen wurden die Glasfenster von Prof Friedhelm Strüwe.

Die Seitenfenster: Drei Farben ziehen sich durch die Seitenfenster: Rot für die Liebe, Blau für Glauben und Treue und Grün für Hoffnung und Leben. Die Fenster nehmen dabei farblich die Sonnenstrahlen des großen Glasfensters über der Orgel auf. Gleichzeitig nimmt der Farbanteil der Fenster von hinten nach vorne mit jedem weiteren Fenster ab bis nur noch ein schmaler bunter Streifen verbleibt. Dadurch wird es im Kirchraum nach vorne hin immer heller.




Das Altarkreuz: 

Das Kreuz auf dem Altar ist aus Glas und hat zwei Seiten. Die grünlich helle Seite ist den Großteil des Jahres über zu sehen. Für die Fastenzeiten und Traueranlässe kann das Kreuz gedreht werden und zeigt dann mit einem dunklen lila zur Gemeinde. Das Kreuz wurde von Prof. Kratz entworfen.

Die Schuke-Orgel: 

Die Orgel wurde von der Firma Karl Schuke, Berlin 1987 für die Johanneskirche gebaut. Mit ihren 24 Registern auf zwei Manualen und Pedal ist sie architektonisch in das Gesamtkonzept eingefügt. Sie hat einen weichen Klang und vielfältige Register. Bei der Prüfung der Orgel 1987 hieß es: „Die Orgel ist technisch, klanglich und gestalterisch ein Meisterwerk“. Die Johanneskirche insgesamt ist für Musik besonders geeignet: Konzerte aller Art finden hier statt, Musiker auch von außerhalb wollen dort spielen, Aufführungen gestalten. Die Atmosphäre in dieser Kirche spricht an, die Akustik ist gut.   


Text und Bilder: Hildegard Saß, Björn Saß



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